Kaufen oder mieten?
Dezember 6, 2015 6:04Viele Menschen haben diesen großen Traum: Sie möchten in einem eigenen Haus oder einer eigenen Wohnung leben.
Ob Kaufen statt Mieten aber wirklich besser ist, hängt von vielen Faktoren ab.
Die Höhe des Eigenkapitales und des monatlichen Einkommens sind entscheidend. Dazu kommt das Miet- und Kaufpreisniveau im Wunschwohnort. Beide Varianten, Kauf und Miete, haben Vor- und Nachteile.
Wer die selbst genutzte Immobilie als langfristiges Investment betrachtet, kann u.a. von diesen Vorteilen profitieren:
- Praktischer Nutzen, denn die Alternativen wie z.B. Gold, Autos, Aktien, oder Anleihen kann man nicht bewohnen.
- Immobilieneigentümer zahlen keine Miete.
- Ist die Immobilie vor Erreichen des Rentenalters abbezahlt, bleibt monatlich mehr von der Rente übrig, da keine Miete bzw. Abtrag mehr gezahlt werden muss.
- Hat die Immobile die richtigen Lage, kann eine Wertsteigerungen kalkuliert werden.
Je nach Lebenssituation kann eine eigene Immobilie aber auch Nachteile mit sich bringen:
- Die Mobilität ist eingeschränkt. Bei einem beruflich bedingt notwendigen Ortswechsel muss die Immobilie verkauft oder vermietet werden. Mieter können ihre Wohnung meist kurzfristig kündigen, Eigentümer nicht.
- Aktien und Wertpapiere sind innerhalb von Sekunden verkauft. Die Veräußerung einer Immobilie dauert hingegen meist mehrere Monate.
- Anders als Mieter kommen Eigentümer für Renovierungen und Instandhaltungen vollständig selbst auf.
- Weder Mieter noch Eigentümer können sich ihre Nachbarn aussuchen. Mieter können schneller umziehen.
Wer sich für einen Erwerb interessiert, sollte deshalb gründlich nachrechnen.
Um den Wert einer Immobilie vor dem Kauf grob einschätzen zu können, kann der Kaufpreis mit der (möglichen) Miete ins Verhältnis gesetzt werden (Kaufpreismultiplikator). Bei einem Kaufpreis von € 200.000,- und einer monatlichen Mietzahlung von € 800,- x12 = € 9.600,- p.a. = Jahresmiete. € 200.000,- : € 9.600,- = 20,83. Das Ergebnis (der Multiplikator) gibt an, wie viele Jahresmieten für eine Immobilie zu zahlen sind. Je höher der Multiplikator, desto schlechter die Rendite. Wie hoch der Multiplikator sein sollte, bzw. gerechtfertigt scheint, hängt von mehreren Faktoren ab: Lage, Ausstattung, Zustand und auch das Wertsteigerungspotenzial der Immobilie. Bisher galt, dass Multiplikatoren, die deutlich über 20 liegen, für tendenziell hohe Immobilienpreise sprechen. Das muss allerdings in mehrfacher Hinsicht relativiert werden: Ein hoher Multiplikator kann nämlich auch ein Indiz dafür sein, dass nach Immobilien dieser Art eine hohe Nachfrage besteht. Vor dem Hintergrund der derzeit niedrigen Zinsen, ist davon auszugehen, dass es auch in der Zukunft zu weiteren Wertsteigerungen und hohen Nachfragen auf dem Immobilienmarkt kommen wird.
Aus Käufersicht muss ein höherer Multiplikator nicht immer ein Grund sein, auf den Erwerb zu verzichten. Vor allem bei niedrigen Zinsen kann ein etwas höherer Kaufpreis immer noch tragbar sein. Voraussetzung ist allerdings, dass der Käufer bei seiner Finanzierung eine möglichst lange Zinsbindung wählt. Zudem sollte die niedrige Zinsbelastung genutzt werden, um eine höhere Tilgung zu zahlen.
Bei der Berechnung der Kaufpreisfinanzierung, sollte z.B. die Höhe der Restschuld am Ende der Zinsbindung ein wichtiger Entscheidungsfaktor sein.
Wer beispielsweise für den Erwerb einer 300.000-Euro-Wohnung ein Darlehen über
€ 250.000 Euro aufnimmt und dafür 1,5 Prozent Zinsen zahlt und eine Anfangstilgung von nur einem Prozent wählt, hat nach Ablauf einer zehnjährigen Zinsbindung immer noch rund
€ 223.000 Euro Schulden. Während dieser Laufzeit zahlt er zwar monatlich nur eine Rate in Höhe von rund € 520 Euro – und damit viel weniger als eine alternativ angenommene Miete in Höhe von € 1.000. Liegt der Marktzins allerdings nach den zehn Jahren deutlich höher als heute, muss mit einer viel höheren Rate für die Anschlussfinanzierung gerechnet werden.
Deshalb ist es besser, eine möglichst hohe Tilgung zu vereinbaren. Wer in diesem Beispiel statt einem Prozent Tilgung 3,5 Prozent wählt, zahlt eine monatliche Rate von rund € 1.040,-also kaum mehr, als er Miete zahlen würde. Nach Ablauf der Zinsbindung verbliebe dann allerdings nur noch eine Restschuld in Höhe von rund € 156.000. Ein höherer Zinssatz der dann viel niedrigeren Anschlussfinanzierung würde sich also viel weniger bemerkbar machen.
Entscheidend für die Frage, ob man besser kaufen oder mieten sollte, ist auch ein Vergleich, wie viel man während der Finanzierungsphase an Miete gezahlt hätte.
Geht man von einer durchschnittlichen jährlichen Mietsteigerung von zwei Prozent aus, so hätte man bei einer monatlichen Kaltmiete von jetzt € 1.000,- im Laufe von zehn Jahren rund 131.000 Euro Kaltmiete gezahlt. Für die alternativ anfallenden – und während der Zinsbindung konstanten – Darlehensraten wären rund 125.000 Euro fällig geworden. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Mieter sein Eigenkapital in diesen Jahren verzinst angelegt hätte, statt das Geld in die Immobilie zu binden, steht der Käufer in diesem Beispiel besser da. Denn der Käufer hat in dieser Zeit schon fast 100.000 Euro seiner Schulden getilgt, was einem Vermögenszuwachs in dieser Höhe entspricht, während der Mieter keinerlei Eigentum gebildet hat. Diese Betrachtungsweise gilt allerdings nur, wenn man davon ausgeht, dass die Immobilie im Laufe der Zeit nicht an Wert verliert. Umgekehrt gilt: Gewinnt die Immobilie an Wert, fällt der Vermögenszuwachs des Käufers noch deutlicher aus.
In Zeiten niedriger Zinsen sollte man sich nur dann auf einen verhältnismäßig hohen Kaufpreis einlassen, wenn es Gründe für einen stabilen oder steigenden Wert gibt.
Hier ist wieder die Lage das Wichtigste: Liegt die Immobilie in einer Gemeinde / Stadt mit wachsender Wirtschaft, niedriger Arbeitslosigkeit und konstanter oder steigender Einwohnerzahl? Ist eine gute verkehrliche Anbindung, (KFZ und öffentliche Verkehrsmittel) vorhanden? Sind Nahversorgung, ärztliche Versorgung, Schulen und KiTas etc. vorhanden? Liegt die Immobile ruhig mit wenig Verkehrslärm?
Übrigens: Wenn angenommen wird, dass ein Darlehen nicht getilgt wird, sondern nur Zinsen gezahlt werden, sinkt die reale Schuld im Zeitverlauf wegen der Inflation trotzdem. Diese betrug zum Beispiel zwischen Januar 2006 und Januar 2016 rund 12,4 Prozent. Ein im Januar 2006 aufgenommenes Darlehen über 100.000 Euro hätte im Januar 2016 demnach nur noch eine reale Kaufkraft von rund 89.000 Euro gehabt. Sind die Zinsen niedrig, lohnt sich der Erwerb einer selbst genutzten Immobilie selbst dann, wenn in vielen Regionen die Kaufpreise steigen. Voraussetzungen sind allerdings eine gute Finanzierungsstrategie und eine gute Lage des Objekts.