Auszeit?

Dezember 6, 2017 6:13

Ich mag Geschwindigkeit – in allen Bereichen des Lebens.
Noch vor wenigen Jahren fand sämtliche geschäftliche Kommunikation in Briefform statt und es dauerte immer einige Tage bis eine Antwort kam. Ich war damals noch ungeduldiger als heute. Es dauerte mir meist zu lange, so dass ich gern telefonisch nachfragte oder um eine Antwort per Fax bat. Inzwischen ist es so, dass Rückmeldungen per Email oder SMS innerhalb von Stunden kommen und Entscheidungen viel schneller getroffen werden können und müssen. 
Privater Austausch findet ebenfalls mit Kurznachrichten innerhalb von Minuten statt. Sehr praktisch. Immer mit jedem im Kontakt sein. Unabhängig von der Situation in der ich mich gerade befinde, habe ich mein Smartphone also immer im Auge. Der Austausch von Informationen findet jetzt in einer Geschwindigkeit statt, die ich mir in jungen Jahren erträumt hätte.
Neulich sagte mir jemand, dass wir inzwischen an einem Tag mehr Kontakte haben, als die Menschen vor hundert Jahren in einem Jahr und vor zweihundert Jahren in ihrem ganzen Leben hatten.
Obwohl ich die Vorteile dieser Schnelligkeit intensiv beruflich und privat nutze, erkenne ich inzwischen das Risiko. Ständig wird mein Gehirn mit Neuigkeiten versorgt, die meine Entscheidungen fordern. Antworten? Handeln? Weiterleiten? Das kleine Gerät ist fast immer bei mir. Ich bin ja neugierig und möchte alles sofort wissen, informiert sein, teilhaben und darum empfange, lese und handele ich.
Das wird mir, dem sonst schnell langweilig wird, jedoch zunehmend zu viel. Dann schalte ich diesen kleinen alles könnenden Taschencomputer einfach mal aus. Stille. Ich bin nicht erreichbar. An dieses Gefühl musste ich mich erst wieder gewöhnen. Auch meine Umwelt reagierte anfangs sehr besorgt, denn bisher geschah das nur in den bekannten Ausnahmefällen (Flugzeug, Krankenhaus etc.).

Diese Pausen tun mir gut. Ich merke, dass ich auch ohne den aktuellsten Austausch von Informationen sein kann. Dann kann ich mich viel intensiver mit mir und den Menschen die mir nahe sind beschäftigen. Ohne Ablenkung. Es fällt mir schwer, aber ich übe. Immer öfter. Meine Mailbox ist übrigens seit Jahren abgeschaltet. Damals hatte ich erkannt, dass mich die Anzahl der Sprachnachrichten überfordert.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie nicht nur zu Weihnachten sondern auch im neuen Jahr die richtigen Momente zum Abschalten erkennen und dass Sie die stillen Auszeiten genießen können.
Ihr Jörg Schröder